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Quereinsteiger als Hygienekraft?

Rote Karte für den Antrag, Möglichkeiten zu schaffen, dass Bewerber ohne/nicht bestandenem Abschluss oder mit fachfremdem Abschluss (Quereinsteiger) rechtssicher und mit fundierten Kenntnissen in den zahnärztlichen Praxen eingesetzt werden können.

Rote Karte für den Antrag, Möglichkeiten zu schaffen, dass Bewerber ohne/nicht bestandenem Abschluss oder mit fachfremdem Abschluss (Quereinsteiger) rechtssicher und mit fundierten Kenntnissen in den zahnärztlichen Praxen eingesetzt werden können.

Königin der Hanse – oder Schleswig-Holsteins heimliche Hauptstadt, das sind Zuschreibungen für die „kleine Großstadt“ mit ihrer malerischen Altstadt auf der Traveinsel, kurz vor der Mündung in die Ostsee. Vom 11. bis 13. Oktober 2018 trafen sich die Delegierten vom Freien Verband Deutscher Zahnärzte in der Musik- und Kongresshalle in Lübeck. Auch ich habe eine Einladung erhalten und bin dieser gerne gefolgt.
Am Samstag gab es dann einen Antrag zum Thema Personal, bei dem mir die Luft wegblieb. Man möchte bitte dem Antrag zustimmen, Möglichkeiten zu schaffen, dass Bewerber ohne beziehungsweise mit nicht bestandenem Abschluss oder mit fachfremdem Abschluss (Quereinsteiger) rechtssicher und mit fundierten Kenntnissen in den zahnärztlichen Praxen eingesetzt werden können.
Angedacht sind zum Beispiel eine Rezeptionsmanagerin (nicht ZFA) und eine Hygienefachkraft (nicht ZFA). Die erste Zahnärztekammer bietet einen solchen Kursus mit 200 Stunden an.
Das sind Inhalte unserer Ausbildungsordnung. Wenn wir diese Aufgaben nicht mehr ausführen sollen, was sollen dann unsere Aufgaben sein? Werden in den folgenden Jahren auch Röntgenkurse für berufsfremde Mitarbeiterinnen angeboten? Wohin soll dieser Weg führen, und was passiert mit unserem Berufsbild? Die Novellierung der Ausbildungsordnung? Benötigen wir sie noch?

Mehr Gehalt für männliche ZFA?

Vorab gingen heftige Diskussionen einher, zum Beispiel mit einem sehr diskriminierenden Redebeitrag zur Entlohnung der „Helferinnen“ von einem Zahnarzt aus Niedersachsen. Den „Helferinnen“ müsste man erst beibringen, guten Tag, danke, bitte zu sagen und auch, dass regelmäßiges Händewaschen sehr wichtig ist. Mir blieb auch hier die Luft weg.
Dann erklärte er, wenn männliche „Helferinnen“ in der Praxis wären, müssten diese mehr Gehalt erhalten. Auf Nachfrage einer Zahnärztin aus dem Saarland antwortete er: Die müssen schließlich eine Familie ernähren.

Es hat sich in der Zahnärzteschaft wohl noch nicht genug herumgesprochen, dass ein massiver Fachkräftemangel herrscht, dass ein Grund meiner Kolleginnen, die aus dem Beruf gehen, die geringe Entlohnung für qualifizierte Arbeit ist.

Ein ganz großes Danke an Herrn Dr. Heil aus Nordrhein: Er hat für unseren Berufsstand gesprochen und auch seinen Kolleginnen und Kollegen bewusst gemacht, wie wichtig unsere Arbeit in den Praxen ist und dass unsere tägliche Arbeit dazu führt, dass es in der Praxis reibungslos läuft. Er hat auch darauf hingewiesen, dass man uns mehr Wertschätzung entgegenbringen und Geld in die Hand nehmen sollte, um uns gut zu entlohnen, damit auch wir in der Lage sind, eine Familie zu ernähren.

Dem Zahnarzt aus Niedersachsen möchte ich mitteilen: Wir sind keine Helferinnen! Unsere Berufsbezeichnung lautet seit 2001 Zahnmedizinische Fachangestellte! Wir sagen jeden Tag zu den Patienten „guten Tag“, „danke“, „bitte“, „auf Wiedersehen“. Wir betreuen tagtäglich liebevoll die Patienten. Wir organisieren tagtäglich den Praxisablauf und erledigen die Leistungsabrechnung, halten Hygienerichtlinien ein, tragen zur Patientensicherheit bei, kümmern uns um die Materialverwaltung, damit alles zufriedenstellend abläuft und Praxischefs ein gutes Einkommen haben.

„Gerechte und gute Entlohnung für unsere Arbeit“

Und nun zu den Ernährern der Familien: Viele meiner Kolleginnen sind alleinerziehend und sorgen allein für den Lebensunterhalt. Viele meiner Kolleginnen sind nicht verheiratet oder leben in einer Beziehung, sondern wohnen allein. Auch bei uns sind leider die Prinzen ausgegangen.
Wir erwarten, nein, wir fordern eine gerechte und gute Entlohnung für unsere Arbeit.
Wir erwarten Wertschätzung unserer Person und unseres Berufs von unseren Arbeitgebern.

Und im Sinn der Patientensicherheit kann es nicht möglich gemacht werden, eben einer fachfremden Mitarbeiterin die Aufbereitung der Instrumente zu übertragen.

Aber vielleicht hat die Sache ja einen ganz anderen Hintergrund. Mit welcher Entlohnung darf denn diese fachfremde Mitarbeiterin rechnen? Einen Tarif gibt es nicht; nicht für fachfremde Mitarbeiter. Also gehen wir doch mal wieder in den Mindestlohnbereich.

Ich kann mir jetzt schon vorstellen, was in den nächsten Jahren in Deutschlands Zahnarztpraxen passiert: Diese „Fachkräfte“ werden demnächst die Professionelle Zahnreinigung zum Mindestlohn anbieten und durchführen. Patientensicherheit wird nicht mehr gewährleistet und auch nicht garantiert. Den neuen Azubis kann ich nur sagen: Herzlich willkommen in diesem tollen Beruf.

Ich als Referatsleiterin Zahnmedizinische Fachangestellte im Verband medizinischer Fachberufe (VmF) empfand die Hauptversammlung vom FVDZ als eine Beleidigung für unseren Beruf und für meine Kolleginnen!

Sylvia Gabel
Referatsleiterin Zahnmedizinische Fachangestellte im Verband medizinischer Fachberufe